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Winklmeier Markus Montag, 12. Juli 2021 von Winklmeier Markus

Val dÀran by UTMB Trailrun 162 km 10700 Hm

Veranstalter: UTMB

Datum: 09-11.07.2021

Zeit: 44h 02 min 38 sec

Strecke: 162 km

Höhenmeter: 10.700

Platz Gesamt : 313 von 1250

Platz M1H: 159 von 550

Pace: 3,68 km/h

Es gibt verschiedene Möglichkeiten sich für den UTMB Mont Blanc zu qualifizieren. In unterschiedlichen Rennen der Welt sammelt man innerhalb 2 Jahren Punkte. Mit diesen kann man sich für die Lotterie bewerben. So schaffte ich es 2018 zum Mont Blanc. Mit extremem Kampfgeist und Willen lief ich vor 3 Jahren einmal um den höchsten Berg der Alpen und EU und kam nach über 40 Stunden auf der 170 Kilometer 10.200 Höhenmeter Königsetappe ins Ziel. Trotz der Strapazen war mir klar, ich will zurück zum Mont Blanc. Dieses Mal war mir die Lotterie zu unsicher, somit wollte ich eine direkte Qualifikation erreichen. Da verschiedene UTMB World Series Events zur Qualifikation ins Leben gerufen wurden, entschied ich mich für das Rennen in den Pyrenäen. Damit nur erfahrene Trailläufer am Start des Ultratrails Aran by UTMB stehen würden, sind 8 Qualifikationspunkte zur Anmeldung nötig. 2020 sollte das Rennen zum ersten Mal ausgetragen werden, aber dann kam Corona und das Rennen wurde um 1 Jahr verschoben.

Konzentriert

Anreise nach Spanien:

Auch dieses Jahr stand lange in der Schwebe, ob es einen Start geben würde. Umso glücklicher war ich, als endlich die Zusage kam und ich Flug, Hotel und Mietauto für mich und meine Frau Brigitte buchen konnte. Meine Eltern kümmerten sich in der Zwischenzeit liebevoll um unsere Kinder, da unsere Tochter bereits schulpflichtig ist. Die Sprachnachrichten meiner Kinder während des Events oder auch die Bilder mit gebastelten Motivationssprüchen hielten mich vom Aufhören ab. Je näher das Event kam, desto unsicherer wurde ich, ob es die richtige Entscheidung war, teilzunehmen. Seit über einem Jahr gab es keine Wettkämpfe, dadurch konnte ich nur schwer meine Motivation für lange Trainingseinheiten hochhalten. Mein Trainer Preißl Ralf erstellte mir einen abwechslungsreichen Trainingsplan um noch zu retten, was zu retten war. In den letzten Wochen vor dem Rennen arbeitete ich stur den Plan ab, aber trotzdem fühlte ich mich nicht bereit für diese extreme Herausforderung. Warum ich dann trotzdem in das Flugzeug nach Barcelona gestiegen bin, weiß ich nicht genau. Mit dem Mietauto fuhren wir durch karge Landschaften nordwärts, bis die Berge immer grüner und höher wurden. Vor uns lagen die Pyrenäen, eine atemberaubende Berglandschaft und mittendrin ein altes Bergsteigerstädtchen, Vielha. Hier tummelten sich schon viele Ultraläufer auf den Straßen. Verrückte Leute. Am Abend holte ich meine Startunterlagen ab und ein Besuch in der Expo mit dem neusten Traillauf-Equipment war auch noch drin.

Rennstrategie ausarbeiten:

Wie schon in den Tagen davor versuchte ich meinen Kohlenhydratspeicher zu füllen. Dafür war ein Teller Nudeln genau das richtige. Beim gemütlichen Abendessen ging ich mit Brigitte die Rennstrategie durch. Meine Frau hat sicherlich den anspruchsvolleren Job bei diesem Rennen. Neben der Motivation und Beistand bei eventuellen Tiefs, muss sie mich an verschiedenen Stationen mit Ersatzkleidung, Gels und Powerbank versorgen. Klar gibt es einen Livetracker, aber plus minus 2 Stunden sind da schon mal drin, da wir verschiedene Streckenabschnitte so ganz und gar nicht zeitlich abschätzen konnten. Aber trotzdem schafften wir es, ein gutes Konzept auszuarbeiten. Die Eckdaten waren, dass sie mich nach 55, 100, 109 und 148 Kilometer abfangen würde.

Hier ist Start und Ziel

An der Startlinie:

Die Nacht vor dem Rennen schlief ich sehr gut. Ich brachte es sogar auf 10 Stunden Schlaf, was sehr wichtig war, da ich ja voraussichtlich 50 Stunden ununterbrochen wach bleiben musste. Die Wettervoraussetzungen waren schon mal perfekt. Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad und 3 Tage Sonnenschein. Während Brigitte wandern ging, bereitete ich mich im Hotel auf das Rennen vor. Das sieht ganz einfach aus. Füße hochlegen und entspannen. Am Freitagabend um 18 Uhr war der Start angesetzt. 2 Stunden vor dem Rennen packte ich meinen Laufrucksack und den Rennbeutel mit Wechselkleidung, Gel, Riegel, Ersatzbatterien und Powerbank für Brigitte. Es gibt strikte Vorgaben bei solchen Extremrennen, damit die Sicherheit der Läufer so weit wie möglich gewährleistet ist. Deshalb bekommt man eine Checkliste mit Pflichtausrüstung. Diese wird im Startbereich, wie auch sporadisch während des Rennens kontrolliert. In den Laufrucksack gehören u.a. Regenjacke, Regenhose, warme Oberbekleidung, Mütze, Handschuhe, lange Laufhose, 2 Stirnlampen inklusive Ersatzbatterien, Gel, Riegel, 1 Liter Getränk in Soft Flask Flaschen, Rettungspfeife, Erste Hilfe und Rettungsdecke. Langsam wurde ich nervös. Bin ich wirklich bereit für 162 Kilometer und 10.700 Höhenmetern? Die Frage quälte mich seit Tagen. Aber für einen Rückzieher war es zu spät, bzw. war ich zu Stolz. Somit blieb mir nichts anderes übrig, als mit Brigitte zum Start zu marschieren. Hier wurde mit rockiger Musik und lauten Durchsagen auf das kommende Rennen eingestimmt. Viele Eliteläufer tummelten sich im Startbereich. Der ein oder andere UTMB Sieger der letzten Jahre war ebenfalls am Start. Ein Hubschrauber mit einem Fernsehteam kreiste über unsere Köpfe. Ein letzter Motivationskuss von Brigitte und ich ging zum Check In. Da ich der ersten Startgruppe zugeteilt wurde, stand ich mit den Eliteläufern ganz vorne. Langsam wurde es ernst und die Anspannung riesig. Im gesamten Startbereich war natürlich Maskenpflicht, wie auch später in den Verpflegungsstationen.

Startschuß - Das Abenteuer kann beginnen:

10, 9, 8… Start. Ich lief mit über 1.200 Trailrunnern durch die Gassen von Vielha. Unter der Maske drohte schon nach ein paar hundert Metern der Erstickungstod. Da aber viele die Maske abnahmen, tat ich es ihnen gleich und saugte die frische Bergluft in meine Lungen, die es mir dankten. Noch ein kurzer Zwinker zu Brigitte, die neben der Strecke Beifall klatschte und der erste Trail hatte mich verschlungen. Bei Ultraläufen setzt man sich Etappenziele, denn das Gesamtziel ist eindeutig zu weit entfernt. Somit lag mein erstes entscheidendes Ziel bei Kilometer 30. Denn dies war eine Verpflegungsstation und gleichzeitig die erste Cut-Off Zeit um 1:15 Uhr. Im Vorfeld machte ich mir keinerlei Gedanken über Cut-Off Zeiten, da ich in meinen letzten Ultraläufen, teilweise trotz Verletzung, weit davon entfernt war. Hier sollte es sich leider etwas anders verhalten. Es ging stetig nach oben. Die Trails waren technisch sehr schwierig und selbst flache Strecken für mich kaum zu laufen. Die Abendsonne brannte erbarmungslos auf uns herab. Nur langsam zog sich das Feld auseinander. Teilweise gab es Wartezeiten an engen Stellen. Auf ca. 1.800 Meter konnte man Wasser auffüllen und die Durchgangszeit wurde registriert. Wir befanden uns über der Baumgrenze und die Aussicht auf die schneebedeckten Dreitausender der Pyrenäen war gigantisch. So richtig genießen konnte ich dies aber nicht, da nach einem steilen Uphill ein ebenso steiler Downhill Trail folgte. Auf kleinen Bergpfaden quälten sich die Läufer nach unten. Da ich kein Downhillspezialist bin, ließ ich mir Zeit um einen Sturz zu verhindern. Auf einmal schrie ein Läufer hinter mir „Attention“ und ein kopfgroßer Stein flog wie ein Geschoss ein paar Meter neben mir vorbei und verfehlte nur knapp die Läufer unter mir. Puh das war knapp. Nach 20 Kilometern erreichte ich die erste Verpflegungsstation und stellte fest, dass ich viel länger als erwartet für diese Strecke benötigt hatte. Da es kühler und dunkel wurde, zog ich mir ein Langarmshirt an und aktivierte meine Stirnlampe. Noch ein paar Kekse und Obst und weiter lief ich in die Nacht hinein. Die Trails wurden immer anspruchsvoller. Rutschige Rinnen führten nach unten. Nicht nur einmal saß ich im Dreck. Endlich ging es wieder nach oben. 1.200 Höhenmeter auf 5 Kilometer lagen vor mir. Genau um 12 Uhr nachts erreichte ich eine weitere Verpflegungsstation und stellte fest, dass ich nur knapp über eine Stunde von der Cut-Off Zeit entfernt war. Was ich aber noch viel erschreckender fand, war die Tatsache, dass ich mich zu diesem Zeitpunkt an ca. 400. Stelle befand. Das heißt über 800 Läufer waren noch hinter mir und sicherlich würde es für viele schon an dieser Station wegen der knappen Cut-Off Zeit das Aus bedeuten.

1200 Höhenmeter Uphill

55 km sind geschafft - Lazarett und Kriegsgebiet:

Je höher wir kamen, desto kühler wurde es und desto stärker pfiff uns der Wind um die Ohren. Leider machte sich auch noch mein Problemkind, die linke Ferse bemerkbar und schmerzte bei jedem Schritt. Aber Schmerzen zu ignorieren lernt man schon beim ersten Ultralauf. Somit drückte ich wie viele andere über einen Gebirgspass um dann den nächsten Downhill in Angriff zu nehmen. Mein zweites Ziel kam näher: Die Verpflegungsstation nach 55 Kilometer in Bossost, wo mich Brigitte zum ersten Mal erwarten würde. Aber zuerst musste ich noch einen Downhill, mit 1.800 Höhenmeter auf 20 Kilometer, bewältigen. Langsam ging die Sonne auf und die erste Nacht war geschafft. Ein anspruchsvoller Trail folgte dem nächsten. Langsam kam ich wieder in die Zivilisation. In der Ferne waren Häuser zu erkennen und ein Trail spuckte mich auf einer Kopfsteinpflasterstraße aus. Kurz vor der Verpflegungsstation erwartete mich freudestrahlend Brigitte. Obwohl ich mich ebenfalls sehr freute meine Frau zu sehen, war ich doch sehr niedergeschlagen. Die Ferse schmerzte und auch körperlich fühlte ich mich ziemlich gerädert. Brigitte durfte mich begleiten, da sie als Supporter gemeldet war. In einer großen Halle gab es etwas zu Essen und Getränke. Daneben standen Feldbetten für Läufer, die sich niederlegen wollten. Schlaf kam für mich nicht in Frage. Zum einen war ich noch immer nur 2 Stunden vor der Cut-Off Time entfernt und ich würde wahrscheinlich nach einem Nickerchen nicht mehr in die Gänge kommen. Viele Läufer mussten sich von Sanitätern wegen Verletzungen behandeln lassen. Neben uns übergab sich ein Läufer vor Erschöpfung. Das ganze Lager glich einem Lazarett in einem Kriegsgebiet. Ich beratschlagte mich mit Brigitte, ob es überhaupt Sinn machen würde, weiter zu laufen. Wir kamen beide auf den gleichen Nenner. Aufgeben ist keine Option. Also füllte ich meinen Magen mit einem Sandwich und Cola. Im normalen Leben trinke ich kein Cola, aber bei Ultraläufen ist das Zuckergetränk meine Hauptenergiequelle. Ich fühlte mich einigermaßen frisch und gestärkt und bereit um weitere Kämpfe zu bestreiten.

Ankunft in Bossost nach 55 km:

Ausrüstung:
Im Niemandsland - herrliche Pyrenäen:

Die Ferse hatte sich beruhigt und die nächsten 6 Kilometer waren ausnahmsweise technisch einfach zu laufen. Wahrscheinlich dachte sich meine Ferse, dass sie die Schmerzen bleiben lassen könnte, weil der eh nicht aufgibt. Ich kam schnell voran, aber der nächste Uphill ließ nicht lange auf sich warten. Bei Kilometer 70 erreichte ich eine Verpflegungsstation in einem kleinen Bergdörfchen. Auch hier, wie schon während des gesamten Rennens, waren die Helfer sehr nett, um den Läufern einen bestmöglichsten Service zu bieten. Wieder lagen 1400 Höhenmeter steile Trails vor mir. Mittlerweile war es Mittag und zusätzlich zur Steigung zerrte die Sonne an den Kräften. Einsame Gebirgspfade schlängelten sich nach oben. Teilweise waren die Wege ausgesetzt und mit einem Stahlseil abgesichert. In einem erschöpften Zustand gar nicht so ungefährlich. Bis zur nächsten Verpflegung waren es 14 Kilometer. Da ich nur einen Liter Flüssigkeit bei mir hatte, war ich auf Wasserquellen angewiesen. Das kühle Bergwasser erfrischte sehr, aber leider, ging der Schuss schnell nach hinten los. Mein Bauch fing an zu grummeln und ich musste schnell hinter einen Felsen. Mein Darm beruhigte sich wieder etwas und ich konnte weiter auf den Trails der Pyrenäen laufen bzw. schnell gehen. Die Landschaft war atemberaubend schön. Blaue Bergseen, seit vielen Jahren verlassene und halbverfallene Bergdörfer, Blumenwiesen und in der Ferne schneebedeckte Gipfel prägten die Landschaft. Aber so richtig genießen konnte ich nicht mehr. Endlich erreichte ich eine weitere Verpflegungsstation um meine Getränke mit Cola auffüllen zu können. Viele Läufer lagen im Schatten und schliefen. Ich hielt mich nicht lange auf, da ich wusste, dass mich Brigitte in 15 Kilometern erwarten würde. Nochmals ging es steil nach oben. Ich kämpfte und mein Darm machte sich andauernd bemerkbar, so dass ich immer wieder einen geeigneten Platz für mein Geschäft suchen musste. Und das ist oberhalb der Baumgrenze ganz und gar nicht so einfach. Kleine Pfade führten bis zu einem Pass und von dort auf einem alten Schienenweg durch teilweise eingefallene Bergstollen, bis es endlich wieder nach unten ging. Downhill Trails auf 8 Kilometer. Ich war ziemlich am Ende und musste mich zum Laufen zwingen.

Verfallene Bergdörfer

Der 100. Kilometer & Brigitte:

Immer wieder bekam ich Motivationsnachrichten von Freunden und Bekannten, die mich zum Weiterlaufen bewegten. Die Freude war riesig, als ich bei exakt 100 Kilometern auf Brigitte traf. Sie war mir entgegen gewandert. Zusammen liefen wir weiter in Richtung Beret, der letzten großen Verpflegungsstation vor der zweiten und sicherlich härtesten Nacht. Ein paar Kilometer vor der Station sprang ich über einen Bach und kam irgendwie falsch auf. In der linken Hüfte gab es einen Stich und an Laufen war vor Schmerzen nicht mehr zu denken. Meine Stimmung war am Tiefpunkt angelangt. Keine Chance so ins Ziel zu kommen. Mist, ich quälte mich bis nach Beret. Hier gab es auch eine ärztliche Versorgung. Leider war ich nicht der einzige, der Hilfe benötigte. Trotzdem nahm sich ein Physiotherapeut Zeit für mich. Am Rücken liegend bog er meinen Fuß in alle Richtungen, bis es krachte. Danach sollte ich aufstehen. Ich befürchtete schlimmstes, aber genau das Gegenteil war der Fall. Ich spürte keinerlei Schmerzen und fiel dem Therapeuten buchstäblich um den Hals. Mein Kampfgeist war zurück und nun würde mich nichts mehr aufhalten können. Mittlerweile war es 20 Uhr abends. Seit 26 Stunden war ich nun ununterbrochen unterwegs. Brigitte und ich suchten uns einen Platz. Ich zog mich zuerst komplett um. Mein Magen knurrte und ich bediente mich am Buffet. Es gab Hühnersuppe, Oliven, Obst, Nudeln und natürlich wieder Cola. Viele Läufer schliefen, aber noch immer kam dies nicht für mich in Frage. Es war draußen kühler geworden und ich konnte mein Langarmshirt und Regenjacke vertragen. Wieder verabschiedete ich mich von Brigitte und lief los.

Aufholjagd & The Walking Dead:

Bisher musste ich nur kämpfen und mich quälen um vorwärts zu kommen. Die Platzierung war mir egal und ich wollte nur ins Ziel kommen. Jetzt war alles anders. Der Ultrakampfgeist war zurück. Ich war hochmotiviert und ich wollte Plätze gutmachen. Aktuell lag ich auf dem 480. Platz. Dies wollte und sollte ich ändern. Zuerst lief ich mit einem Engländer, aber der war mir zu langsam. 9 Kilometer führte eine Forststraße nach unten. Perfekt für mich um die Geschwindigkeit zu erhöhen. Klar konnte ich keine Pace wie bei einem 10 Kilometer Rennen laufen aber 4:30 Minuten pro Kilometer waren tatsächlich noch drin. Nun wurde es zum zweiten Mal dunkel und ich lief und lief. In Salardù bei ca. 110 Kilometer wartete nochmals Brigitte auf mich und wünschte mir viel Glück für die lange Nacht. Zusammen mit einem Franzosen nahm ich dieses Abenteuer in Angriff. Wie sollte es auch anders sein, wieder ging es steil nach oben. Gefühlt ging es das gesamte Rennen nur steil nach oben. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und die Kilometer flogen nur so dahin. Aber auch der Franzose brach dann weg. Immer wieder überholte ich Läufer, die von Hinten, wie schwankende Zombies aussahen. Dies erinnerte mich an eine meiner Lieblingsserien „The Walking Dead“. Meine nächste Laufbegleitung war mein Namensvetter Markus, ein Braumeister. Zusammen erreichten wir gegen Mitternacht die letzte Verpflegungsstation vor der Bergetappe zum höchsten Punkt des Rennens auf über 2.600 Metern. Es war ziemlich kalt geworden und ich war dankbar über eine warme Suppe. Jetzt war ich auch froh über meine Handschuhe, da sich die Temperaturen nur noch knapp über dem Gefrierpunkt bewegten. 15 Kilometer Hochgebirgspfade lagen vor uns. Mein Braumeister musste ebenfalls die Segel streichen und stieg vor Müdigkeit und Erschöpfung aus dem Rennen aus.

Durch die Finsternis

Halluzinationen in der Nacht:

Das Terrain wurde immer schwieriger. Blockkletterei, teilweise Seilversicherungen und steile Anstiege bremsten das Tempo ungemein. Eine Schlange von Lichtern zog sich den Berg nach oben. Die Nacht wollte kein Ende nehmen. Nach gefühlt einer Unendlichkeit erreichte ich den höchsten Punkt, wo eine Zeitmessung stattfand. Langsam ging ein weiteres Mal die Sonne auf. Noch immer herrschte, Dämmerlicht und ich kämpfte extremst mit der Müdigkeit. Immer wieder fielen mir die Augen zu. Rechts von mir, plätscherte ein Bergbach und ich traute meinen Augen nicht. Ein Mädchen saß am Bach mit einem Buch in der Hand und hielt die Füße ins Wasser. Ich begrüßte das Mädchen mit einem freundlichen „Hallo“. Nur saß dort niemand und ich Halluzinierte mit offenen Augen. Etwas weiter sah ich ein Bergdorf samt Kirche, das sich dann als eine Felslandschaft entpuppte. Zum Glück lief ich dann auf einen Peruaner auf, der real war, denke ich zumindest. Auf jeden Fall unterhielt ich mich mit ihm eine Weile, aber da meine Motivation trotz Halluzinationen ungebrochen war, ließ ich ihn stehen und lief voran. Die Sonne konnte sich nicht mehr verstecken und grüßte mit warmen Strahlen. An der drittletzten Verpflegungsstation aß ich nochmals eine Kleinigkeit und füllte Energie in Form von Gel und wieder Cola nach. Als nächstes kam ein steiler Aufstieg über gerölliges Gelände. Auf allen Vieren kletterte ich nach oben. Auch an dieser Stelle musste man höllisch aufpassen um nicht abzustürzen. Nach einer Stunde Aufstieg lag ein 900 Höhenmeter Downhill vor mir. Zuerst sehr steil und nur bedingt zu laufen, aber weiter unten konnte ich auf kleinen Wegen über blühende Almwiesen sausen.

Sonnenaufgang nach der 2. Nacht

Ausrüstung:
Das Ziel ist nah:

Kurz vor der letzten großen Verpflegungsstation lief ich Brigitte in die Arme. Nochmals füllte ich Cola in meine Soft Flask Flaschen und aß eine Kleinigkeit. Das Restprogramm bestand aus 15 Kilometer, 1.000 Höhenmetern Uphill und 1.500 Höhenmetern Downhill. Motiviert bis über beide Ohren verabschiedete ich mich von Brigitte und sagte optimistisch: „Wir sehen uns an der Finishline“. Ich drücke Serpentine für Serpentine nach oben. Immer wieder kassierte ich den ein oder andern Läufer ein. In der letzten Nacht konnte ich weit über 100 Plätze gutmachen. Am höchsten Punkt dieser Etappe angekommen, blickte ich kurz auf das hinter mir liegende Tal zurück, bevor ich mich in den letzten Downhill stürzte. 1.100 Höhenmeter und 5 Kilometer bis zum Ziel. Ich fühlte mich überraschend frisch, so dass ich meine Geschwindigkeit erhöhen konnte. Auch technisch war die Bergab Passage ideal zu laufen.

Beste Supporterin der Welt

Finishline nach 44 Stunden:

In weiter Ferne hörte ich schon den Moderator im Ziel. Nochmals überholte ich ein paar Läufer und erreichte die erste Straße in Vielha. Voller Stolz lief ich durch die kleinen Gassen der Ortschaft. Überall klatschten die Zuschauer Beifall und mir lief es kalt über den Rücken. In der letzten Kurve sah ich Brigitte und meine Freude war riesig meine Frau zu sehen. Mir ist sehr wohl bewusst das ich ohne sie diese Leistung nie vollbringen könnte. Sie unterstützt mich immer in allen Lebenslagen und Supportet mich 2 Tage lang, wenn ich mal durch die Pyrenäen laufe. Hinter einem starken Mann steckt eine noch stärkere Frau. Freudestrahlend lief ich über die ersehnte Ziellinie und die Erleichterung war riesig. Gut das ich die Sonnenbrille aufhatte, denn meine Augen wurden wässrig und am liebsten hätte ich losgeheult. Emotionen kochten hoch. Nach 44 Stunden 162 Kilometern und 10.700 Höhenmetern war ich nun endlich im Ziel. Zum Schluss sprang ein 313. Platz von über 1200 Startern heraus. Exakt 475 Läufer erreichten das Ziel, davon nur 20 Frauen. Die Zahlen sprechen Bände. Das i-Tüpfelchen war die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2022 im Ultratrailrunning am Mont Blanc. Ein brutales Rennen, geprägt von Schlafmangel, knappe Cut-Off Zeiten, technisch schwierige Trails, eisige Nächte, heiße Tage, Erschöpfung, Schlachtfelder und Halluzinationen, war zu Ende.

Fade

Zielglocke

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Trailrunning ist seit über einem Jahrzehnt meine große Leidenschaft. Egal ob im Bayerischen Wald oder bei einer Alpenüberquerung sollte die richtige Ausrüstung mit dabei sein. Für die perfekte Trailrunning Packliste kann ich auf einen großen Erfahrungswert zurückgreifen. Mehrmals lief ich über die Alpen, bestritt viele Trailrunning Wettkämpfe, unter anderem Trans Alpine Run (7 Tage 274 km), UTMB Mont Blanc (171 km 40 Stunden), Aran by UTMB durch die Pyrenäen (162 km 44 Stunden) und noch viele mehr. Vielleicht packt auch dich die Trailrunning Leidenschaft vor einer traumhaften Bergkulisse! Die Anstrengung wird sich lohnen, Versprochen...

Ergebnisliste und Urkunde:
Route:

Start bis Berret:

Berret bis Ziel:

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Literatur zum Trailrunning:
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